Synthetische Opioide

INFOS ZUR RISIKOREDUZIERUNG

Unter dem Begriff „synthetische Opioide“ werden Substanzen zusammengefasst, die synthetisch hergestellt werden, und eine ähnliche Wirkung wie natürliche Opiate (z.B. Morphin) oder Heroin haben. Es handelt sich dabei um Substanzen, die zum einen bereits im medizinischen Kontext als Schmerzmittel eingesetzt werden (z.B. Fentanyl), und zum anderen um Stoffe, die noch weitgehend unerforscht sind (z.B. U47700). Die Potenz (Wirkstärke) dieser Stoffe ist teilweise um ein Vielfaches höher als die von Morphin, was die Dosierung ohne Laborausstattung schwierig bis unmöglich macht (z.B. wirkt Carfentanil schon im unteren Mikrogrammbereich). Schon eine unbedachte Handhabung einiger dieser Stoffe kann lebensgefährlich sein.

Die Wirkung, sowie die Wirkdauer, sind abhängig vom spezifischen synthetischen Opioid, Dosierung, Konsumhäufigkeit, Set (Person) und Setting (Umfeld). Neben schmerzstillenden Eigenschaften zählen eine tiefe, umfassende Entspannung, Schläfrigkeit, verlangsamte Atmung, verengte Pupillen sowie auch Euphorie zu den Wirkungen. Die euphorisierende Wirkung soll aber teilweise nicht so ausgeprägt wie bei Heroin sein.(1) Zu vielen dieser Opioide gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Die vorhandenen Erkenntnisse stammen fast ausschließlich aus Berichten von User*innen und werden dort als vergleichbar mit denen von natürlichen bzw. halbsynthetischen Opioiden beschrieben.

Zu den häufigsten negativen Effekten werden Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Erschöpfung sowie Kopfschmerzen gezählt. Substanzen aus der Gruppe der neuen synthetischen Opioide unterscheiden sich stark in ihrer Potenz, die oft ein Vielfaches bis zu Tausend- oder Zehntausendfaches von Morphin ist. Somit ist eine Dosierung, die zu gewünschten Effekten führt, schwer bis unmöglich. Es besteht die Gefahr, eine zu hohe/toxische Dosis zu konsumieren, die eine lebensbedrohliche Atemdepression zur Folge haben kann.

Ein regelmäßiger Konsum kann zur Entwicklung einer Toleranz gegenüber der Substanz führen und für die gleiche Wirkung muss eine höhere Dosis zugeführt werden. Synthetische Opioide können zudem (wie natürliche Opiate auch) bei längerem Konsum neben psychischer zu physischer (also körperlicher) Abhängigkeit sowie zu einer Abnahme der Libido (Lustempfinden) führen.

Beim Entzug treten erste körperliche Symptome je nach Abbaugeschwindigkeit der Substanz, Konsumhäufigkeit und Dosierung binnen 2-24 Stunden nach dem letzten Konsum auf. Sie erreichen nach 1-3 Tagen ihren Höhepunkt und sind i.d.R. nach ca. 1-2 Wochen abgeklungen.(2, 3) Zu den Symptomen gehören Schwitzen, Angstzustände, Durchfall, Krämpfe, Gliederschmerzen, Frösteln, Zittern, Gänsehaut. Ein Entzug sollte unbedingt unter ärztlicher Begleitung erfolgen.

Wie bei allen Opioiden können schwerwiegende Interaktionen durch gemeinsamen Konsum mit Kokain (Belastung durch entgegengesetzte Wirkung → Herz-Kreislaufversagen) und Downern wie Heroin, Alkohol, GHB/GBL oder Benzodiazepinen auftreten.(4) Die Kombination von Opioiden mit Benzodiazepinen ist jedoch relativ verbreitet. Es gibt Hinweise darauf, dass diese Kombination bei moderater Dosierung zu gesteigerter Euphorie führt. Jedoch ist das Risiko einer Überdosierung des Opioids und einer damit einhergehenden Atemdepression stark erhöht.(5)

Eines der am weitesten verbreiteten synthetischen Opioide ist aufgrund seiner Anwendung im Bereich der Schmerztherapie Fentanyl. Anwendungsformen sind u.a. Schmerzpflaster, Tabletten, Lutscher oder Nasensprays. Besonders die Schmerzpflaster werden zum Teil aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Heroin konsumiert, in dem sie geteilt und ausgekocht werden, so dass der Wirkstoff injiziert werden kann. Da der Wirkstoff aber nicht gleichmäßig auf dem Pflaster verteilt ist, ist diese Art des Konsums sehr riskant und hat in der Vergangenheit schon mehrfach zu Überdosierungen (z.T. auch mit Todesfolge) geführt.(6,7, 8) Zudem können beim Auskochen neben dem Wirkstoff auch andere Stoffe (wie z.B. Silikonöle und Tenside) gelöst werden, die zu injizieren lebensbedrohlich sein kann.

Je nach Art der Anwendung gelangt der Wirkstoff über das Blut oder die Schleimhäute (oder die Haut bei Schmerzpflastern) in den Organismus. Der Wirkungseintritt erfolgt bei intravenösem Konsum nach ca. 10 Sekunden, bei nasalem Konsum nach ca. 2-5 Minuten, bei Schmerzpflastern auf der Haut nach ca. 1-2 Stunden. Die bekanntesten Opioid-Rezeptoren sind die G-Protein-gekoppelten μ-, κ- und δ- Opioid-Rezeptoren. Nach dem bisherigen Forschungsstand wirken die meisten synthetischen Opioide als µ-Opioid Rezeptor Agonisten (z.B. Fentanyl und seine Derivate, U47700). Das Opioid AH-7921 wirkt in höheren Dosen zusätzlich als Agonist am κ-Opioid Rezeptor, MT-45 stimuliert u.a. die δ– und κ-Opioid Rezeptoren.(1) Die Aktivierung der Opioid-Rezeptoren hat eine schmerzmildernde Wirkung (Analgesie) zur Konsequenz. Für weitere mögliche Effekte sind bestimmte Rezeptortypen insbesondere verantwortlich. So bewirkt eine Aktivierung des μ-Opioid Rezeptors Euphorie, Atemdepression, Sedierung (starke Müdigkeit) und Übelkeit. Die κ-Rezeptor-Bindung kann hingegen zu Dysphorie (emotionale Verstimmung) und Sedierung führen. Aktivierung des δ- Opioid-Rezeptors steht mit Krämpfen, einem Belohnungsgefühl und Angstlösung in Zusammenhang.(9) Daher hängt es stark vom Rezeptorbindungsprofil des jeweiligen Opioids ab, welche Effekte hervorgerufen werden. Fentanyle sind im Allgemeinen starke μ-Opioid Rezeptor Agonisten.

  • Erkrankungen der Lunge (z.B. Asthma), da synthetische Opioide das Atemzentrum dämpfen.
  • Schwangerschaft und in der Stillzeit
  • Falls Du ein synthetisches Opioid besitzt: Nutze unbedingt ein Drug Checking Angebot, um sicher zu gehen, um welche Substanz es sich handelt.
  • Nutze eine (genaue) Mikrogrammwaage.
  • Achte auf eine genaue Dosierung: Die schmerzstillende Wirkstärke der Substanzen ist stark unterschiedlich (U47700: ca. 7,5 Mal so stark wie Morphin, Fentanyl: ca. 100 Mal , Carfentanil bis zu ca. 10.000 Mal).
  • Benutze bei der Handhabung Handschuhe und Atemmaske, sowie eine Unterlage, die du anschließend säubern oder entsorgen kannst.
  • Nutze pharmazeutische Produkte (z.B. Fentanylpflaster) nur gemäß den Angaben in der Packungsbeilage.

Risiken bestehen nicht nur für die potentiellen Konsument*innen, sondern auch für am Transport und der Herstellung beteiligte Personen. So entstehen Gesundheitsgefahren durch die hochpotenten synthetischen Substanzen für beispielsweise Mitarbeiter der Post wie auch Beamte in der Strafverfolgung.

Viele synthetische Opioide unterliegen dem Suchtmittelgesetz. So zum Beispiel Fentanyl und seine Derivate. Insbesondere ist der Erwerb, die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr, die Überlassung an und Verschaffung für andere (Weitergabe, Verkauf etc.) gerichtlich strafbar und kann Geld- und Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

Andere Substanzen unterliegen dem Neue Psychoaktive Substanzen Gesetz (NPSG). Strafbar macht sich der/diejenige, der/die vorsätzlich Neue Psychoaktive Substanzen erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft, dass sie von dem anderen oder einem Dritten zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper angewendet werden.

(1) Zawilska, J. B. (2017). An expanding world of novel psychoactive substances: opioids. Frontiers in psychiatry, 8, 110.

(2) Link  (Stand: 02/2018)

(3) Link (Stand: 02/2018)

(4) Jones, J. D., Mogali, S., & Comer, S. D. (2012). Polydrug abuse: A review of opioid and benzodiazepine combination use. Drug and Alcohol Dependence, 125, 8-18.

(5) Sun Eric C, Dixit Anjali, Humphreys Keith, Darnall Beth D, Baker Laurence C, Mackey Sean et al. Association between concurrent use of prescription opioids and benzodiazepines and overdose: retrospective analysis BMJ 2017; 356 :j760

(6) Plörer, D, Martin, G, Winter, C, Koller, G, Walcher, S, Muselmann, R, Schäfer, F, Al-Iassin, J, Pogarell, O (2012): Fentanyl Missbrauch bei opiatabhängigen Patienten mit und ohne Opiatsubstitutionstherapie (Methadon, Polamidon, Buprenorphin). Suchtmedizin in Forschung und Praxis 14 (4) 18

(7) Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (2017): Prävention von Drogentodesfällen. Fakten, Zahlen und Beispiele aus der Praxis, 2. überarbeitete und ergänzte Auflage, Januar 2017

(8) Link

(9) Stein, C. (2016). Opioid receptors. Annual review of medicine, 67, 433-451.

Stand: 2012