Synthetische Cannabinoide sind verschiedene chemisch synthetisierte Verbindungen, die eine ähnliche Wirkung wie Tetrahydrocannabinol (THC), dem aktiven Wirkstoff von Cannabis Sativa, erzielen. Besonders bekannte Verbindungen sind z.B. JWH-018, MDMB-4en-PINACA oder ADB-BUTINACA. Sie kommen in kristalliner, pulvriger oder flüssiger Form vor oder können als synthetische Zusätze in angeblichen „Kräuter-„ oder „Räuchermischungen“ enthalten sein. In diesem Fall wird das synthetische Cannabinoid auf die Kräuter-/Pflanzenbestandteile gesprüht. Es ist schon oft vorkommen, dass diese synthetischen Inhaltsstoffe auf der Packung nicht angegeben sind und die Mischung fälschlicherweise als „rein pflanzlich“ angeboten wurde. Zudem können verschiedene Packungen bzw. Chargen einer einzigen Räuchermischung unterschiedliche Dosierungen und Zusammensetzungen enthalten, ohne dass es auf der Packung angegeben ist.
Die chemische Struktur der einzelnen Substanzen kann sehr unterschiedlich sein. Auch die Potenz variiert stark. Die meisten Verbindungen sind um ein Vielfaches potenter als THC und werden oft in Reinform angeboten. Dadurch kann es leicht zu unabsichtlichen Überdosierungen mit starken Nebenwirkungen kommen.
Seit Ende 2020 entdecken wir in unseren Analysen vermehrt synthetische Cannabinoide in Cannabisproben. Synthetische Cannabinoide lassen sich, im Gegensatz zu anderen Streckstoffen (wie z. B. Zucker oder Sand) optisch nicht erkennen. Auch der Preis ist kein Hinweis darauf, dass ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe enthalten sind. Nur eine Laboranalyse bietet zuverlässigen Aufschluss über die Zusammensetzung von Cannabis.
Die Wirkungen sowie die Dauer der Wirkung sind bei jedem einzelnen synthetischen Cannabinoid unterschiedlich und sind abhängig von Dosierung, Konsumhäufigkeit, Set (Person) und Setting (Umfeld). Hinzu kommt, dass das synthetische Cannabinoid häufig unerforscht ist und daher die Wirkung schwer eingeschätzt werden kann. Die Wirkdauer kann 3–6 Stunden andauern. User*innen berichten zum Teil auch von bis zu 8 Stunden. Beim Rauchen sowie Schnupfen tritt die Wirkung innerhalb weniger Sekunden bis Minuten ein. Bei oralem Konsum ist der Wirkungseintritt verzögert. Die Wirkung von synthetischen Cannabinoiden wird oft mit Cannabis verglichen und als viel intensiver beschrieben. User*innen erleben nach dem Konsum beispielsweise ein Zufriedenheitsgefühl und tiefe Entspannung. Es kann auch zur Veränderung akustischer, visueller und haptischer (Tastsinn) Empfindungen kommen. Zum Teil wird auch von Halluzinationen berichtet. Manche synthetische Cannabinoide scheinen leicht stimulierend zu wirken, einige User*innen berichten von anregenden sowie antriebssteigernden Wirkungen.
Je nach Dosierung und Potenz des konsumierten synthetischen Cannabinoids können negative Effekte unterschiedlich stark ausfallen. Meist kommt es zu beschleunigtem Puls bis hin zu Herzrasen. Auch Mundtrockenheit und gerötete Augen, sowie Kreislaufprobleme können auftreten. Zudem beeinflusst der Konsum synthetischer Cannabinoide die Merkfähigkeit und die Steuerung des Bewegungsablaufes. Symptome, die bei klassischem Cannabis eher seltener vorkommen wie starke Übelkeit und Erbrechen sowie Krampfanfälle und eine generelle psychomotorische Unruhe wurden ebenfalls beobachtet. Negative psychische Effekte wie Angstzustände, Panikattacken, depressive Verstimmungen bis hin zu psychotischem Erleben können ebenfalls auftreten. Im Global Drug Survey 2017 werden synthetische Cannabinoide als zweithäufigste Ursache für das Aufsuchen der medizinischen Notbehandlung genannt. Auch lassen sich mehrere Todesfälle auf den Konsum synthetischer Cannabinoide zurückführen.
Synthetische Cannabinoide werden je nach Darreichungsform der Substanz geraucht, geschnupft oder oral konsumiert. Der Wirkstoff wird über die Schleimhäute in den Organismus aufgenommen und wirkt auf das Endocannabinoidsystem. Das Endocannabinoidsystem beeinflusst zahlreiche physiologische Prozesse (u.a. der Homöostase der Neurotransmitter). Es wird vermutet, dass es unter anderem an Lern- und Bewegungsprozessen sowie am Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. Die bisher nachgewiesenen Cannabinoidrezeptoren sind CB1 und CB2. Die meisten bisher in Räuchermischungen gefundenen synthetischen Cannabinoide binden an den Cannabinoid-rezeptor CB1 (an den auch das THC bindet). Allerdings gibt es auch synthetische Cannabinoide, die an CB2 binden sowie Substanzen, die den Abbau von körpereigenen (also endogenen) Cannabinoiden hemmen. Sie sind aber weitaus weniger verbreitet.
Von den bisher bekannten synthetischen Cannabinoiden wirkt die Mehrzahl stärker am CB1 Rezeptor als THC. Das bedeutet, dass sie häufig um ein Vielfaches potenter (also stärker) wirken. Durch die dadurch resultierende potenzielle Überstimulation des CB1 Rezeptors wird erklärt, warum es beim Konsum von synthetischen Cannabinoiden neben cannabistypischen Symptomen auch zu untypischen Symptomen kommen kann (übermäßige Rastlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Krampfanfälle).
Da es sich bei synthetischen Cannabinoiden um relativ neue Substanzen handelt, gibt es keine gesicherten Informationen zu den langfristigen Auswirkungen des Konsums. Beim Rauchen diverser Kräutermischungen können jedoch Schadstoffe in die Lunge gelangen, die Atemwegserkrankungen begünstigen. Auch besteht, wie bei jeder psychoaktiv wirkenden Substanz die Möglichkeit eine Abhängigkeit zu entwickeln. User*innen, die über einen längeren Zeitraum synthetische Cannabinoide konsumiert haben, berichten zudem von Schlafproblemen und erhöhtem Schwitzen nach dem Absetzen.
Wenn du trotz gesundheitlicher sowie rechtlicher Risiken synthetische Cannabinoide konsumieren möchtest, solltest du folgendes beachten:
- Beginne unbedingt mit der geringstmöglichen Dosierung und warte die Wirkung ab, bevor du weiter konsumierst. Dies gilt für alle Konsumformen, wobei bei oralem Konsum die Wirkung verzögert eintritt und länger anhält.
- Beim Rauchen gelangen Schadstoffe in die Lunge, die zu Atemwegserkrankungen führen können. Vermindere dieses Risiko, indem du gute Filter oder Vaporizer benutzt.
- Konsumiere nur, wenn du dich gut fühlst und in einer angenehmen, sicheren Umgebung befindest. Bestenfalls sind Freund*innen in deiner Nähe, die für dich da sind und im Notfall einen Arzt rufen können.
- Synthetische Cannabinoide beeinflussen die Aufmerksamkeit, Motorik und Merkfähigkeit. Konsumiere daher nicht vor dem Lernen, in der Schule, vor der Arbeit oder vor dem Autofahren.
- Vermeide den Mischkonsum mit anderen Substanzen (auch Alkohol), da hierbei die Wirkungen noch weniger abgeschätzt werden kann.
- Lungenerkrankungen und bestehenden Herzbeschwerden oder Herzerkrankungen, da Herz und Kreislauf zusätzlich belastet werden.
- Bei Ängstlichkeit, Bedrücktheit oder psychischen Problemen, da synthetische Cannabinoide diese negativen Gefühle verstärken können.
- Bei Schwangerschaft und Stillzeit
- Teilnahme im Straßenverkehr (Auto oder Fahrrad)
Synthetische Cannabinoide sind teilweise im SMG (Suchtmittelgesetz) oder auch im NPSG (Neue Psychoaktive Substanzen Gesetz) erfasst. Je nachdem, in welchem Gesetz sie erfasst sind, sind die Folgen unterschiedlich.
Im Suchtmittelgesetz sind der Erwerb, der Besitz, die Ein- und Ausfuhr, die Überlassung an und Verschaffung für andere (Weitergabe und Verkauf) strafbar. Konsument*innen, die gegen das SMG verstoßen, haben mit einem verpflichtenden Besuch bei Amtsärzt*innen (in Wien: das Ambulatorium der Sucht- und Drogenkoordination) zu rechnen . Dort können in Folge gesundheitsbezogene Maßnahmen angeordnet werden und es kann mit einem Drogentest gerechnet werden. Hält man sich an diese Vorgaben, kommt es zu keinem Gerichtsverfahren.
Das neue psychoaktive Substanzen Gesetz zielt darauf ab, den gewinnbringenden Handel mit diesen Substanzen zu bestrafen. Strafbar macht sich also die Person, die vorsätzlich synthetische Cannabinoide erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft, sodass sie von dem/der anderen zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper angewendet wird. Handelt es sich um Besitz für den Eigenkonsum, sind keine weiteren Strafmaßnahmen vorgesehen.
Stand: 2012